20.05.2020

Meldung, Steuerrecht

Zur Besteuerung von Aufsichtsräten

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Das Niedersächsische Finanzgerichts hat als erstes Finanzgericht unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 13.06.2019 zur Steuerbarkeit der Einnahmen eines Verwaltungsratsvorsitzenden Stellung genommen.

Die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19.11.2019 (5 K 282/18) folgt der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.06.2019 C-420/18 (DStR 2019, 1396). Sie steht aber im Widerspruch zu er bisher von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung. Nach dem Niedersächsischen FG unterliegt die Tätigkeit eines Vorsitzenden des Verwaltungsrats eines berufsständischen Versorgungswerks nicht der Umsatzsteuer, wenn der Verwaltungsratsvorsitzende weder im eigenen Namen nach außen auftritt noch gegenüber dem Versorgungswerk über die Befugnis verfügt, die für dessen Führung erforderlichen Entscheidungen zu treffen.

Der Streitfall

Der Kläger, ein selbstständiger Freiberufler, war Vorsitzender des Verwaltungsrates eines berufsständischen Versorgungswerks, das einer Berufskammer angehörte. Das Versorgungswerk wurde durch einen gewählten, nach der Satzung des Versorgungswerks ehrenamtlichen Verwaltungsrat geführt. Den Verwaltungsrat leitete der Kläger als Vorsitzender. Die Entscheidungen des Verwaltungsrats wurden durch Abstimmung getroffen.

Nach einer Entschädigungssatzung des Verwaltungswerks erhielt der Vorsitzende eine regelmäßige monatliche Aufwandsentschädigung sowie Fahrtkostenersatz und Sitzungsgelder. Das Finanzamt hielt die Tätigkeit des Klägers als Verwaltungsrat für umsatzsteuerbar. Wegen der Höhe seiner Bezüge sei sie auch im Lichte des § 4 Nr. 26 UStG steuerpflichtig.

FG schließt sich EuGH an

Der 5. Senat des Niedersächsischen FG hat demgegenüber unter Berücksichtigung des o.g., erst kurz vor der mündlichen Verhandlung über die Klage veröffentlichten EuGH-Urteils entschieden, dass der Kläger mit seinen Einnahmen aus der Tätigkeit für das Versorgungswerk nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die Tätigkeit von Aufsichtsräten sei zwar wirtschaftlicher Natur, sie sei aber nicht im Sinne von Art. 9 MwStSystRL als selbstständig anzusehen, da der Kläger erstens nicht im eigenen Namen nach außen auftrete, sondern nur das Versorgungswerk vertrete, und zweitens dem Versorgungswerk gegenüber nach dessen Satzung keine individuelle Verantwortung und kein Haftungsrisiko trage.

Der Kläger sei auch nicht deshalb unternehmerisch tätig, weil er Fahrtkostenersatz und Sitzungsgelder bezogen habe. Die Anberaumung von Sitzungen habe nicht ihm oblegen, die Beträge seien nicht hoch gewesen.

BFH hat sich bereits mit der Besteuerung von Aufsichtsräten befasst

Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang mit Urteil vom 27.11.2019 (V R 23/19) entschieden, dass der dortige Kläger mit seiner Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichtsrates nicht der Umsatzsteuer unterlag, weil er lediglich eine feste Vergütung bezog. Der BFH hat in jenem Urteil zur Besteuerung von Aufsichtsräten ausdrücklich offen gelassen, wie über Fälle zu entscheiden ist, in denen über eine Festvergütung hinaus weitere Einnahmen erzielt werden. Insofern leistet das Urteil des 5. Senats des Niedersächsischen FG einen aktuellen Beitrag zur Abgrenzung der nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Aufsichts- und Verwaltungsratstätigkeiten von den weiterhin unternehmerischen und daher steuerpflichtigen Tätigkeiten.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat in der Sache die Revision zugelassen. Diese wurde zwischenzeitlich eingelegt. Das Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs lautet V R 6/20.

(Nds. FG, NL vom 20.05.2020 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

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