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25.09.2020

Meldung, Steuerrecht

Zinsforderungen als einlagefähige Wirtschaftsgüter einer verdeckten Einlage

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Die mit Überlassung von Wertpapieren verbundenen Zinsforderungen stellen ein selbstständiges einlagefähiges Wirtschaftsgut dar und können daher zu einer verdeckten Einlage führen. Dies hat das Finanzgericht Stuttgart entschieden.

Die Klägerin ist eine Konzernmutter und war zu 100 % an der Y GmbH beteiligt. Ein Organschaftsverhältnis bestand nicht. Die Geschäftstätigkeit der Y GmbH wurde zum 31.12.2009 eingestellt. Sie verfügte über erhebliche Verlustvorträge, während die Klägerin erhebliche Gewinne erzielte. Es war seinerzeit absehbar, dass die Y GmbH ihre Verlustvorträge mittelfristig nicht durch eigene operative Gewinne würde „aufzehren“ können.

Zinsen als Betriebseinnahmen verbucht

Im Streitjahr 2009 schloss die Klägerin mit der C-Bank auf der Grundlage eines Rahmenvertrags zwölf Wertpapierpensionsgeschäfte ab, mit denen sich die Klägerin als Pensionsnehmerin verpflichtete, die festverzinslichen Wertpapiere an die Pensionsgeberin (C-Bank) zu einem bestimmten Preis zurückzuübertragen. Infolge dieser Geschäfte leistete die Klägerin im Streitjahr Pensions- und Kompensationszahlungen, die sie als Aufwand verbuchte. Die Kompensationszahlungen wurden nach den während der Laufzeit des Pensionsgeschäfts auf die Pensionspapiere geleisteten Zinsen berechnet, die nach dem Rahmenvertrag dem Pensionsgeber zustanden. Ebenfalls im Streitjahr 2009 schloss die Klägerin mit der Y GmbH einen Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen ab, auf dessen Grundlage sie als Darlehensgeberin der Y GmbH als Darlehensnehmerin zwölf Wertpapierdarlehen gewährte.

Die Darlehensgegenstände waren diejenigen Wertpapiere, die auch den Gegenstand der Wertpapierpensionsgeschäfte der Klägerin mit der C-Bank bildeten. Die Y GmbH musste für die Wertpapierdarlehen kein Darlehensentgelt zahlen. Die während der Laufzeit des Darlehens auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen standen der Y GmbH zu, die hierfür keine Kompensation zu leisten hatte. Die Y GmbH erfasste die Zinsen als Betriebseinnahmen und verrechnete sie mit ihren Verlustvorträgen. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Klägerin habe aufgrund der unentgeltlichen Wertpapierdarlehensgeschäfte der Y GmbH einlagefähige Vermögensgegenstände aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung zugewandt. Es lägen daher verdeckte Einlagen vor, die das zu versteuernde Einkommen der Klägerin erhöhten. Die Klage gegen den entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid wies das Finanzgericht (FG) ab.

Zinsforderungen als bilanzierungsfähige Vermögenvorteile

Die Zuwendungen der Zinsforderungen aus den Wertpapieren ohne Kompensationszahlungen sind verdeckte Einlagen der Klägerin in ihre Tochtergesellschaft Y GmbH. Dies entschied das FG Stuttgart mit Gerichtsbescheid vom 08.05.2020 (10 K 3041/19). Nach § 8 Abs. 3 Satz 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) erhöhe sich das Einkommen, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat.

Die Zinsforderungen stellten selbstständige einlagefähige Wirtschaftsgüter dar. Durch deren Einlage habe sich das Aktivvermögen der Y GmbH erhöht. Der Klägerin sei zwar darin zuzustimmen, dass Zinsen bürgerlich-rechtlich zu den Früchten und damit den Nutzungen eines Rechts zählen. Allein der Umstand, dass Erträge eines Wertpapiers zivilrechtlich zu dessen Nutzungen zählen, führe aber nicht dazu, dass es sich steuerrechtlich bei einer Zinsforderung um kein einlagefähiges Wirtschaftsgut handelt. Kapital- und Zinsforderung sind auch grundsätzlich zwei getrennte Wirtschaftsgüter. Entgegen der Ansicht der Klägerin seien Wertpapier und Zinsforderung jedenfalls steuerbilanziell nicht zu einer Einheit verklammert. Für den Begriff des Wirtschaftsguts sei die Einzelveräußerbarkeit keine Voraussetzung. Es reiche vielmehr aus, dass die Zinsforderung selbständig bewertbar und damit bilanzierbar sei.

Keine Pflicht zu Kompensationszahlungen

Da die Y GmbH nicht zu Kompensationszahlungen verpflichtet gewesen sei, habe die Klägerin die Vermögensvorteile auch ohne wertadäquate Gegenleistungen zugewendet. Der Verzicht der Klägerin auf Kompensationszahlungen sei auch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, da der Y GmbH ermöglicht werden sollte, ihre Verlustvorträge zu verringern und ihr Eigenkapital zu stärken.

Die verdeckten Einlagen hätten das Einkommen der Klägerin gemindert. Der Begriff der Einkommensminderung umfasse auch die verhinderte Einkommenserhöhung. Der Verzicht der Klägerin auf Kompensationszahlungen führe bei ihr zu verhinderten Einkommenserhöhungen.

Zurechnung der Zinsforderungen

Die Vermögensmehrungen bei der Y GmbH hätten nur auf verdeckten Einlagen der Klägerin in ihre Tochtergesellschaft beruhen können, da die Zinserträge der C-Bank zuzurechnen waren. Die Y GmbH habe aus den überlassenen Wertpapieren keine Kapitaleinkünfte erzielt. Die Klägerin sei aufgrund der Pensionsgeschäfte mit der C-Bank nicht wirtschaftliche Eigentümerin der überlassenen Wertpapiere geworden. Sie habe daher das wirtschaftliche Eigentum auch nicht im Rahmen der Wertpapierdarlehen auf die Y GmbH übertragen.

Wertpapierpensionsgeschäfte waren „echte Pensionsgeschäfte“

Bei den zwischen der Klägerin mit der C-Bank abgeschlossenen Wertpapierpensionsgeschäften habe es sich um „echte Pensionsgeschäfte“ i. S. des § 340b Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) gehandelt. Bei einem „echten“ Pensionsgeschäft müsse der Pensionsgeber das Pensionsobjekt aktivieren (§ 340b Abs. 4 Satz 1 HGB), in Höhe des dafür empfangenen Betrags eine Verbindlichkeit ausweisen (§ 340b Abs. 4 Satz 2 HGB) und die Differenz zwischen dem erhaltenen und dem ggf. zurückzuzahlenden Betrag über die Laufzeit des Geschäfts verteilen (§ 340b Abs. 3 Satz 3 HGB).

Das wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren auf Basis der handelsrechtlichen Zurechnung gem. § 340b Abs. 4 HGB stehe daher dem Pensionsgeber (hier: der C-Bank) zu. Die handelsrechtliche Zuordnung entspreche einem allgemeinen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung und gelte daher auch für die Steuerbilanz. Dies führe zu dem Ergebnis, dass die Zinserträge aus den Wertpapieren weiterhin der C-Bank als wirtschaftlicher Eigentümerin der Wertpapiere zuzurechnen waren. Wegen des vereinbarten kurzfristigen Rückkaufs der Wertpapiere zu festgelegten Rückkaufpreisen hätte die Chance einer Wertsteigerung und das Risiko eines Wertverlusts bei der C-Bank gelegen. Die Zinserträge hätten ihr über die Kompensationszahlungen der Klägerin zugestanden. Nach wirtschaftlicher Betrachtung handele es sich um ein Darlehen der Klägerin an die C-Bank, die Wertpapiere zur Sicherheit übereignet und Zinsen bezahlt. Die Erträge des Pensionsguts seien der C-Bank als Pensionsgeberin zuzurechnen.

(FG Baden-Württemberg, NL vom 17.09.2020 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

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