01.10.2020

Meldung, Steuerrecht

Verdeckte Gewinnausschüttung trotz Irrtum

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Ein Irrtum steht der für eine Kapitalgesellschaft handelnden Person der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung dann nicht entgegen, wenn der Irrtum einem gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter nicht unterlaufen wäre.

In einem Streitfall vor dem Finanzgericht Schleswig-Holstein war im Rahmen der Beurkundung einer Kapitalerhöhung – irrtümlich – statt der eigentlich bezugsberechtigten Kapitalgesellschaft (der Klägerin im Streitfall) deren Gesellschafterin zur Übernahme des neu entstehenden Geschäftsanteils zugelassen worden. Dies war ursprünglich anders beabsichtigt gewesen und die an der Kapitalerhöhung Beteiligten gingen auch nachfolgend davon aus, dass die bezugsberechtigte Kapitalgesellschaft den Anteil erworben hatte.

In seinem Urteil vom 28.11.2019 (1 K 88/16) stellt das Finanzgericht Schleswig-Holstein zunächst klar, dass die Gesellschafterin der Klägerin nicht nur zivilrechtliches Eigentum an dem durch die Kapitalerhöhung entstandenen neuen Geschäftsanteil erworben habe, sondern dieser ihr auch steuerlich zuzurechnen sei.

Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung

Sodann prüft und bejaht das FG das Vorliegen der „objektiven“ Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Als alleinige Anteilseignerin habe die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf die Teilnahme an der Kapitalerhöhung und damit ein Recht zum Bezug des neuen Geschäftsanteils gehabt. Dieses Recht habe sie weder ausgeübt, noch habe sie es anderweitig verwertet. Vielmehr sei die Gesellschafterin zur Teilnahme zugelassen worden und habe den Anteil erworben. So sei es zu einer Vermögensverschiebung zum Nachteil der Klägerin und zugunsten ihrer Gesellschafterin gekommen.

Diese sei auch gesellschaftlich veranlasst gewesen. Denn die Verschiebung sei zum einen der Klägerin zuzurechnen, weil für sie bei der entsprechenden Beschlussfassung die Gesellschafterin als vertretungsberechtigtes Geschäftsführungsorgan gehandelt habe. Zum anderen sei auszuschließen, dass ein gedachter ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Vermögensverschiebung auch zugunsten eines gesellschaftsfremden Dritten vorgenommen hätte.

Der Irrtum ist hier irrelevant

Die gesellschaftliche Veranlassung entfalle auch dann nicht, wenn B sich – wie von der Klägerin behauptet – bei der Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses in einem Irrtum befunden haben sollte. Denn Irrtümer der für die Gesellschaft handelnden Personen seien in diesem Zusammenhang nur dann beachtlich, wenn sie auch einem gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter unterlaufen wären. Letzteres hat das FG in Bezug auf den behaupteten Irrtum der B verneint.

Ein ordentlicher Geschäftsleiter hätte nach Auffassung des FG den Vertragstext, der insoweit eindeutig formuliert war, nämlich sorgfältig gelesen und dann sofort erkannt, dass nicht die Klägerin, sondern B den Anteil erwerben würde. Sofern ein gedachter ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sich am Tag der Beurkundung zu einer solch sorgfältigen Lektüre nicht in der Lage gesehen hätte, hätte er – schon angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache – eine Verlegung des Termins erwirkt.

(FG Schleswig-Holstein, NL vom 30.09.2020 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

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