Der Käufer eines Pkw kann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn eine veränderte Fahrzeugidentifikationsnummer einen Diebstahlverdacht begründet und die behördliche Beschlagnahme des Fahrzeugs zur Rückgabe an einen früheren Eigentümer rechtfertigt.
Ein Minsk (Weißrussland) lebender Mann erwarb im Mai 2011 einen gebrauchten Toyota Land Cruiser von einem deutschen Autohändler. Als der er mit dem Fahrzeug im Juli 2011 nach Polen einreiste, fiel auf, dass die sichtbare Kodierung der Fahrzeugidentifikationsnummer nicht gestanzt, sondern kopiert und aufgeklebt war. Die polnischen Behörden vermuteten einen Diebstahl, beschlagnahmten den Pkw und beabsichtigen, ihn dem früheren Eigentümer auszuhändigen.
Käufer bestand auf Rückabwicklung
Tatsächlich stand der Toyota laut dem Käufer zunächst im Eigentum einer spanischen Autovermietung und war 2007 gestohlen worden. Er war dann nach Polen verbracht worden, über eine polnische Firma 2008 in den Besitz einer polnischen Familie gelangt, innerhalb der Familie vererbt und von einem Familienmitglied dann 2011 an den deutschen Autohändler veräußert worden. Der Weißrusse wollte den Kaufvertrag rückabwickeln. An dem gestohlenen Fahrzeug habe ihm der Autohändler kein Eigentum verschaffen können. Er verlangte daher die Rückzahlung des Kaufpreises sowie Aufwendungsersatz.
Erfolg vor dem OLG
Das Oberlandesgericht Hamm gab dem Kläger mit Urteil 28 U 207/13 vom 09.04.2015 Recht. Die von ihm behauptete Fahrzeughistorie bräuchte nicht aufgeklärt zu werden. Das Fahrzeug weise einen Rechtsmangel auf, der zum Rücktritt berechtige. Der Rechtsmangel sei die polnische Beschlagnahme, die zu einem endgültigen Besitzverlust führt. Dass die spanische Firma zunächst Fahrzeugeigentümerin gewesen sei, habe die Untersuchung der FIN ergeben. Hierdurch war die frühere Eigentümerin zu ermitteln gewesen. Bei dieser Sachlage sei nicht davon auszugehen, so die Richter, dass der Kläger das beschlagnahmte Fahrzeug hätte auslösen können.
Veränderte FIN als Sachmangel
Auf einen möglichen gutgläubigen Erwerb des Fahrzeugs beim Erbgang in der polnischen Familie könne sich der Autoverkäufer nicht berufen, weil der Kläger im Zeitpunkt seiner Rücktrittserklärung keine Informationen und Nachweise gehabt habe, um den polnischen Behörden einen derartigen Erwerb nachzuweisen. Die am Fahrzeug veränderte FIN begründe zudem einen Sachmangel des Fahrzeugs, der den Rücktritt ebenfalls rechtfertige. Die Beklagte muss dem Kläger den Kaufpreis und 2.500 Euro Kosten erstatten, die der Kläger im Vertrauen auf den Erwerb aufgewandt hatte.
(OLG Hamm / Viola C. Didier)