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01.03.2018

Meldung, Steuerrecht

FG Stuttgart zu Problemen mit der Einfuhrumsatzsteuer

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©stadtratte /fotolia.com

Bestandskräftig festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer ist zu erlassen, wenn und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass er nach Deutschland eingeführte Waren im unmittelbarem Anschluss für eine innergemeinschaftliche Lieferung verwendet hat.

Ein Schweizer Bauunternehmen, das im Streitjahr 2009 an der Errichtung einer Wohn- und Geschäftsimmobilie in London beteiligt war, hatte vor dem Finanzgericht Stuttgart geklagt. Das Unternehmen meldete beim deutschen Zoll mehrfach Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit unmittelbar anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung an (Verfahren 4200). Bei den Waren handelte es sich um vorgefertigte Konstruktionen, die von der Schweiz über Deutschland an die Baustelle in London transportiert und dort von dem Bauunternehmen montiert werden sollten.

Streit um Nacherhebungsbescheid

Das Zollamt gab die Waren zunächst ohne Erhebung von Einfuhrabgaben frei. Nachdem das Hauptzollamt (HZA) Fehler in den Zollanmeldungen festgestellt hatte, erließ es einen Einfuhrabgabenbescheid. Darin wurden für 85 Zollanmeldungen aus dem Jahr 2009 Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt 649.167,64 € gem. Art. 220 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) nacherhoben. Der Nacherhebungsbescheid wurde bestandskräftig. Unter Vorlage von Frachtbriefen und anderer Unterlagen stellte das Bauunternehmen einen Erlassantrag nach Art. 236 ZK, den das HZA ablehnte.

Gegenstände gelangen in den Wirtschaftskreislauf der Union

Die hiergegen erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht Stuttgart verpflichtete mit Urteil vom 14.11.2017 (11 K 1102/15) das HZA die festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 227.899,98 € zu erlassen. In diesem Umfang habe die Klägerin nachgewiesen, dass sie die Einfuhren unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG verwendet habe. Das führe nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG zur Steuerfreiheit dieser Einfuhren und begründe einen Erlassanspruch. Zwar schließe Art. 236 ZK die Erstattung bzw. den Erlass der Einfuhrumsatzsteuer (unmittelbar) nicht ein, da es sich bei ihr nicht um eine Einfuhrabgabe im Sinne des Art. 236 i.V.m. Art. 4 Nr. 10 ZK handele. Art. 236 ZK sei aber sinngemäß anzuwenden, wenn eine Einfuhr im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG im Inland vorliege. Das sei hier der Fall, weil die streitgegenständlichen Waren aus der Schweiz über den Landweg mit dem LKW nach Deutschland eingeführt worden seien. Dass die eingeführten Bauteile letztlich nicht in den inländischen Wirtschaftskreislauf, sondern in den Großbritanniens eingegangen sind, ändere nichts an der Steuerbarkeit der Einfuhr im Inland. Für den Tatbestand der Einfuhr sei es ausreichend, dass die Gegenstände in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangten. Davon zu unterscheiden sei die Frage, in welchem Mitgliedstaat die Einfuhr erfolgt sei. Das sei Deutschland gewesen, weil hier die Waren in den zollrechtlich freien Verkehr überführt worden seien.

Nachweispflichten wurden nur teilweise erfüllt

Die von der Klägerin geschuldete Einfuhrumsatzsteuer sei nur steuerfrei, soweit der eingeführte Gegenstand im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung verwendet werde. Wie und in welcher Form der Nachweis einer an die Einfuhr anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferung gegenüber der Zollstelle zu erbringen sei, regele § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG erst in seiner ab 01.01.2011 gültigen Neufassung. Für das Streitjahr 2009 sei der Nachweis daher durch die in §§ 17a Abs. 2 bis 4 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) genannten, leicht nachprüfbaren Belege (Rechnung, Lieferschein usw.) zu führen, sofern diese im Zeitpunkt der Einfuhrabfertigung bereits zur Verfügung stünden. Diese Nachweispflichten habe die Klägerin nur teilweise erfüllt. Die Steuerbefreiung sei trotz Nichterfüllung formeller Nachweispflichten auch zu gewähren, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststehe, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen. Dieser Grundsatz sei auch auf die Beurteilung der Steuerfreiheit bei der Einfuhr nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG übertragbar. Eine Erstattung oder ein Erlass der Einfuhrumsatzsteuer dürfe nicht unter Hinweis auf formale Verstöße zum Zeitpunkt der Einfuhr abgelehnt werden, wenn (nachträglich) der Nachweis einer im Anschluss durchgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung erbracht werde Das Finanzgericht war auf Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen jedoch nur hinsichtlich eines Teils der Einfuhren davon überzeugt, dass die betreffenden Waren im Anschluss an die Einfuhr tatsächlich nach Großbritannien versendet waren.

Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (VII R 4/18).

(FG Baden-Württemberg, NL vom 28.02.2018 / Viola C. Didier)


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