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13.07.2018

Meldung, Wirtschaftsrecht

Berechnung der Verschuldungsquote von Kreditinstituten

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©MichaelJBerlin/fotolia.com

Das Gericht der Europäischen Union hat heute über die Klagen diverser französischer Kreditinstitute gegen die Beschlüsse der EZB, mit denen ihnen das Recht versagt wurde, bestimmte Risikopositionen im Zusammenhang mit französischen Sparbüchern bei der Berechnung ihrer Verschuldungsquote unberücksichtigt zu lassen, entschieden.

Das Gericht der EU erklärt die Beschlüsse der EZB, mit denen sechs französischen Kreditinstituten das Recht versagt wurde, bestimmte Risikopositionen im Zusammenhang mit französischen Sparbüchern bei der Berechnung der Verschuldungsquote unberücksichtigt zu lassen, für nichtig. Der EZB sind nämlich Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler unterlaufen (Urteile vom 13.07.2018 – T-733/16 Banque Postale /, T-745/16 BPCE /, T-751/16 Confédération Nationale du Crédit mutuel /, T-757/16 Société générale /, T-758/16 Crédit agricole / und T-768/16 BNP Paribas / Europäische Zentralbank).

Zum Hintergrund

Die Finanzkrise von 2008 hat gezeigt, dass einige Kreditinstitute einen zu großen Teil ihrer Investitionen durch Verschuldung statt durch Eigenmittel finanziert hatten. Dieser Mangel an Eigenmitteln führte dazu, dass einige Banken ihre Vermögenswerte dringend veräußern mussten, was die Wirkungen der Finanzkrise verstärkte. Um einen besseren Überblick über die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute zu ermöglichen, beschloss der europäische Gesetzgeber, ein neues Instrument zur Beurteilung ihrer Ausstattung zu schaffen, nämlich die Verschuldungsquote. Die Besonderheit der Verschuldungsquote liegt  darin, dass sie nicht anhand des Ausmaßes der Risikopositionen der Kreditinstitute berechnet wird und dass grundsätzlich deren gesamte Investitionen in ihre Berechnung einfließen. Allerdings wurde in die Verordnung über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute eine Ausnahmeregelung eingefügt, nach der die zuständigen Behörden, darunter die Europäische Zentralbank (EZB), den Kreditinstituten gestatten können, Risikopositionen, die bestimmte Bedingungen erfüllen, bei der Berechnung der Verschuldungsquote unberücksichtigt zu lassen.

Der Streitfall

Sechs französische Kreditinstitute, die der Direktaufsicht durch die EZB unterliegen, stellten bei dieser den Antrag, bei der Berechnung der Verschuldungsquote die Risikopositionen  unberücksichtigt lassen zu dürfen, die sich aus Beträgen aus mehreren bei ihnen eröffneten Sparbüchern ergaben und auf die Caisse des dépôts et consignations (CDC) (Kasse für Einlagen und Hinterlegungen), eine französische Anstalt des öffentlichen Rechts, übertragen worden waren. Mit Beschlüssen vom 24.08.2016 verwehrte die EZB die Genehmigung, die gegenüber der CDC bestehenden Risikopositionen, die sich aus den auf den drei oben genannten Sparbüchern angelegten Beträgen ergaben, bei der Berechnung der Verschuldungsquote unberücksichtigt zu lassen. Zur Begründung führte sie aus, selbst wenn die in der Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt seien, stehe es in ihrem Ermessen, ob sie die beantragte Nichtberücksichtigung genehmige. Bei der Ausübung dieses Ermessens sei zu beachten, dass der Mechanismus der Übertragung von der CDC auf die betroffenen Kreditinstitute Schwächen aufweise und aufsichtsrechtliche Bedenken aufwerfe, was die Ablehnung der Anträge dieser Kreditinstitute rechtfertige. Die sechs Kreditinstitute riefen daraufhin das Gericht der Europäischen Union an, um die ablehnenden Beschlüsse der EZB für nichtig erklären zu lassen.

Die Urteile

Mit seinen heute verkündeten Urteilen erklärt das Gericht die Beschlüsse der EZB für nichtig. Das Gericht bestätigt zunächst, dass es, wenn die Voraussetzungen für die Genehmigung der in Rede stehenden Nichtberücksichtigung erfüllt sind, im Ermessen der EZB steht, ob sie diese Nichtberücksichtigung tatsächlich genehmigt. Sodann prüft das Gericht, ob der EZB bei der Ausübung ihres Ermessens ein Rechtsfehler oder offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist. Insoweit stellt es fest, dass die EZB ihre Ablehnung mit Aspekten begründet hat, die den Risikopositionen, auf die sich die in der Verordnung vorgesehene Ausnahmeregelung bezieht, inhärent sind, womit sie dieser Ausnahmeregelung ihre praktische Wirksamkeit genommen hat. Sie hat ihre Ablehnung nämlich damit begründet, dass die Risikopositionen gegenüber der CDC auf der Aktivseite der Bilanz der betroffenen Kreditinstitute stünden, dass diese Kreditinstitute das operationelle Risiko im Zusammenhang mit regulierten Spareinlagen trügen und dass eine etwaige Zahlungsunfähigkeit des französischen Staates zur Folge haben könne, dass die auf die CDC übertragenen Beträge den Klägerinnen nicht zurückgezahlt würden.

(EuGH, PM vom 13.07.2018 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)


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