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08.06.2020

Arbeitsrecht, Meldung

Arbeitsgerichtsgesetz: Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs

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Reicht eine Partei durch ihren Rechtsanwalt die Berufung beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein innerhalb der Berufungsfrist nur per Fax ein, nicht aber über den elektronischen Rechtsverkehr, so ist die Berufung unzulässig. Dies hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden. Die Nutzungspflicht ergibt sich aus § 46g Arbeitsgerichtsgesetz.

Seit dem 01.01.2020 können Rechtsanwälte und auch Behörden in Schleswig-Holstein nur noch über den elektronischen Rechtsverkehr Schriftsätze bei den Arbeitsgerichten einreichen. Diese Nutzungspflicht ergibt sich aus § 46g Arbeitsgerichtsgesetz – eine Vorschrift, die Schleswig-Holstein als bisher einziges Bundesland per Landesverordnung vorzeitig eingeführt hat.
In einem aktuellen Streitfall hatte sich die Klägerin mit ihrer Klage u. a. gegen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewehrt. Das Arbeitsgericht Lübeck hat die Klage erstinstanzlich abgewiesen. Dem schriftlichen Urteil war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, die über die bestehende Pflicht für Rechtsanwälte aufklärte, Anträge zweitinstanzlich ausschließlich per elektronischem Rechtsverkehr einzureichen. Dennoch reichte der in Niedersachsen ansässige Rechtsanwalt der Klägerin die Berufung am letzten Tag der Berufungsfrist lediglich per Fax ein.

Kein Erfolg vor dem Landesarbeitsgericht

Das Landesarbeitsgericht verwarf die Berufung als unzulässig und gab auch dem Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin nicht statt (Beschluss vom 25.03.2020 – 6 Sa 102/20). Mit der mittels Fax eingereichten Berufung hat sie die Rechtsmittelbelehrung des Arbeitsgerichts ignoriert und die Berufung nicht formgemäß eingelegt. Durch die Landesverordnung konnte § 46g ArbGG schon vor dem 01.01.2022 in Kraft gesetzt werden.

Arbeitsgerichtsgesetz eindeutig

Ermächtigungsgrundlage für die Landesverordnung ist Art. 24 Abs. 2 i. V. m. Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (Bundesgesetzblatt I Seite 3786). § 46g ArbGG gilt auch für die zweite Instanz, obwohl sich die Regelung im Gesetzesabschnitt für den ersten Rechtszug befindet und die Vorschrift in § 64 Abs. 7 ArbGG (Übernahme erstinstanzlicher Vorschriften für das Berufungsverfahren) nicht erwähnt ist. Die Geltung entspricht aber dem Willen des Gesetzgebers, dem ein Redaktionsversehen unterlaufen ist. Die im Gesetzgebungsverfahren immer wieder betonte gerichtsbarkeitsbezogene Nutzungsverpflichtung soll der gesamten Gerichtsbarkeit – und nicht nur einer einzelnen Instanz – Gelegenheit geben, zu überprüfen, wie der elektronische Rechtsverkehr funktioniert. Das lässt sich nur dann sinnvoll beurteilen, wenn der Rechtsverkehr instanzübergreifend einheitlich stattfindet.

Sorgfältiges Lesen der Rechtsmittelbelehrung ist Pflicht

Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Berufungseinlegung blieb der Klägerin versagt. Sie konnte sich nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum ihres in Niedersachsen ansässigen Prozessbevollmächtigten als Wiedereinsetzungsgrund berufen, der die Schleswig-Holsteinische Landesverordnung nicht gekannt habe. Für ihn ergab sich aus der zutreffenden und unmissverständlichen Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen Urteil ohne Weiteres, dass er die Berufung elektronisch einzureichen hatte. Das hätte er bei sorgfältigem und vollständigem Lesen der Rechtsmittelbelehrung feststellen können.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Landesarbeitsgericht hat die Revisionsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

(LAG Schleswig-Holstein, PM vom 05.06.2020/ Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

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