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08.07.2019

Interview

Steuerliche Forschungszulage: „Der Teufel steckt im Detail“

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Der Betrieb

Zur Stärkung des Innovationsstandorts Deutschland wird die Bundesregierung mit dem „Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung“ eine Forschungszulage einführen. Davon sollen insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen, die vermehrt in Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten investieren, profitieren. Wie sich die neue steuerliche Zulage auswirkt und worauf Unternehmen achten müssen, erklärt Rechtsanwältin Isabel Antholz, Expertin für Fördermittelberatung bei Deloitte in Hamburg.

DB: Frau Antholz, es gibt ja bereits in vielen Staaten eine steuerliche Forschungszulage – weshalb hat das in Deutschland so lange gedauert?

Antholz: „Zunächst einmal möchte ich hervorheben, dass Deutschland nicht nur historisch eines der innovativsten Länder ist, und dass Forschung auch heute schon durch zahlreiche öffentliche Fördergelder großzügig unterstützt wird. Nur ist der Aufwand, um an diese Fördermittel heranzukommen gerade für kleinere Unternehmen – unter denen es viele Markt- und Innovationsführer gibt – schwer leistbar und die Ungewissheit, ob man die beantragten Fördermittel zugesprochen bekommt groß. Insofern freuen wir uns sehr auf die Einführung des Forschungszulagengesetzes.

Warum dieses Instrument nicht früher eingefügt wurde, ist eine berechtigte Frage. Vermutlich liegt es daran, dass die finanzielle Abschätzung und damit die budgetäre Planbarkeit der Einführung eines solchen Instruments immens schwierig ist. Anders als bei der Zuschussförderung, wo die Regierung die Budgets vorgibt, besteht auf die Forschungszulage ein Anspruch. Wie viele Unternehmen die Forschungszulage beantragen werden und in welcher Höhe, kann die Regierung nur schätzen. Zumal viele der kleineren anspruchsberechtigten Unternehmen ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung nicht veröffentlichen. Das erschwert eine präzise Haushaltsplanung.“

DB: In aller Kürze: Was steht drin, im Forschungszulagengesetz?

Antholz: „Ganz grob sieht der Gesetzentwurf vor, Unternehmen beim Innovieren finanziell zu unterstützen und der Forschung einen Schub zu geben. Konkret besagt der Gesetzesentwurf, dass Unternehmen unabhängig von ihrer Größe einen Anspruch auf einen Steuervorteil in Höhe von 25 % ihrer Forschungs- und Entwicklungspersonalaufwendungen haben, sofern das Personal an Vorhaben arbeitet, die der Grundlagenforschung, der angewandten Forschung oder experimentellen Entwicklung dienen. Zudem wird das Verfahren bestimmt, wie dieser Vorteil beantragt werden kann und wie die Prüfung des Antrages erfolgen soll.“

DB: Wer wird also davon profitieren?

Antholz: „Im Prinzip erst einmal alle Unternehmen, die eigenes Personal für Forschung und Entwicklung beschäftigen. Dabei kann es sich um ein Start-up handeln, bei dem sich einige Entwickler zusammengetan haben und neue Ideen erarbeiten oder um ein großes Pharmaunternehmen. Aber eben nur, wenn sie Personalaufwendungen für qualifizierende Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten haben und natürlich den entsprechenden Antrag nebst Dokumentation erstellen.“

DB: FuE-Aufwendungen für Personal werden gefördert – welche Kosten werden dagegen nicht in den Genuss der Zulage kommen?

Antholz: „Bislang nicht inbegriffen sind Kosten für so genannte Auftragsforschung, also extern z.B. durch Forschungseinrichtungen durchgeführte Forschungsleistungen, für die Unternehmen bezahlen. Das trifft insbesondere kleinere Unternehmen, die sich kein eigenes FuE-Personal leisten können. Aber auch die großen Unternehmen geben regelmäßig Forschungsaufträge an Dritte, insbesondere bei Fragestellungen außerhalb ihrer Kernkompetenzen.

Aber: was das Thema externe Forschungsaufgaben betrifft, ist das letzte Wort vielleicht noch nicht gesprochen. Die Empfehlung der Wirtschaftsvertreter und einiger Ausschüsse des Bundesrates ist ganz klar, hier im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses noch einmal nachzuarbeiten.“

DB: Gibt es auch schon absehbare Wermutstropfen?

Antholz: „Das würde ich differenziert beantworten wollen: Für die kleinen Unternehmen ist der größte Wermutstropfen wahrscheinlich die oben erwähnte Begrenzung auf die internen FuE-Personalkosten. Bei den großen Unternehmen hat die Begrenzung der förderfähigen Kosten auf maximal 2 Mio. Euro für Ernüchterung gesorgt. Wobei ich optimistisch bin, dass sich diese in den nächsten Jahren noch erhöht, wenn nicht zugunsten differenzierter Fördersätze für kleine und große Unternehmen gar ganz wegfallen wird. Ich sehe die aufgenommene Grenze durchaus als  Maßnahme dafür, das erforderliche Budget berechenbarer zu machen und nach oben hin zu begrenzen und gleichzeitig die großen Unternehmen nicht auszuschließen. Je nach Annahme der Förderung könnte dieses Instrument nach vorne hin obsolet werden.“

DB: Worauf müssen Unternehmen achten, wenn sie die Zulage beantragen?

Antholz: „Unsere Erfahrungen aus vielen anderen OECD Staaten zeigt, dass es im Wesentlichen zwei Herausforderungen gibt: Zum einen die Definition der begünstigten Vorhaben (in Anlehnung an das Frascati Manual) – hier sind Unternehmen interessanterweise häufig deutlich zu restriktiv bei der Qualifizierung ihrer FuE-Tätigkeiten. Nicht selten hören meine Kollegen und ich: ‚Wir machen gar keine Forschung, sondern nur Produktentwicklung‘. Meist stellt es sich am Ende anders heraus. Nur muss die Einstufung als Grundlagenforschung, angewandter Forschung oder experimentelle Entwicklung natürlich gut und mit Hilfe des Frascati Manual begründet werden und dabei steckt der Teufel wie häufig im Detail. Denn in Richtlinien werden abstrakt generelle Vorschriften gemacht, die nicht immer einfach auf den konkreten Fall übertragbar scheinen.

Zum anderen ist die Dokumentation der für die Förderung eingereichten Forschungs- und Entwicklungsprojekte nicht zu unterschätzen, denn sie muss zum einen dem Evaluator die Einschätzung erlauben, ob es sich bei dem Vorhaben um eine der drei begünstigten Kategorien handelt. Zum anderen müssen die Angaben im Rahmen einer nachträglichen Prüfung im Detail- nachprüfbar sein und einer Revision standhalten. Das ist gerade bei Personalkosten bzw. deren Allokation zu Projekten schwierig, insbesondere wenn es noch keine diesbezüglichen internen Prozesse gibt. Zudem muss sichergestellt werden, dass dieselben Kosten nicht mehrfach (bei verschiedenen Förderprojekten) angesetzt werden – es gilt das beihilferechtliche Verbot der Doppelförderung, welches strikt geahndet wird. “

DB: Wann ist mit dem Inkrafttreten zu rechnen?

Antholz: „Da kann ich nur prognostizieren. Angekündigt war die Ausfertigung des Gesetzes für den Herbst, was angesichts der signifikanten Empfehlungen einiger Ausschüsse des Bundesrates ambitioniert erscheint. Andererseits werden nach dem Gesetzesentwurf Kosten ab dem 01.01.2020 begünstigt, so dass die Zeit drängt.“

DB: Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro


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