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02.03.2021

Interview

Prüfungsschwerpunkte 2021: „Transparente Berichterstattung wegen Corona ist jetzt besonders relevant“

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Der Betrieb

Die DPR veröffentlicht jährlich die Schwerpunktthemen für die anstehende Prüfungssaison. Dies soll Unrichtigkeiten in der Rechnungslegung bereits im Rahmen der Abschlusserstellung präventiv entgegenwirken. WP StB Dr. Stefan Bischof zeigt, worauf bei den Prüfungsschwerpunkte für das Jahr 2021 besonders zu achten ist.

DB: Herr Dr. Bischof, können Sie uns kurz die diesjährigen Schwerpunktthemen erläutern?

Bischof: „Die Prüfungsschwerpunkte der ESMA orientieren sich an den potenziellen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Finanzberichte. Insbesondere für Unternehmen, bei denen sich die Liquiditätslage verschlechtert hat, werden die Annahmen bezüglich der Unternehmensfortführung und die Angaben zu wesentlichen Ermessensentscheidungen und Schätzungsunsicherheiten nach IAS 1 von besonderer Bedeutung sein.

Die Wertminderung von Vermögenswerten nach IAS 36 war schon vielfach Prüfungsschwerpunkt. Die negativen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie dürften nach Auffassung der ESMA für viele Unternehmen ein starker Hinweis auf mögliche Wertminderung sein. Bei der Themenstellung Finanzinstrumente liegt der Fokus der ESMA auf den Angaben zum Liquiditätsrisiko. Bei Kreditinstituten wird auch die Schätzung der erwarteten Kreditverluste und die dazugehörigen Angaben von besonderer Relevanz sein.

Der letzte europäische Prüfungsschwerpunkt betrifft das Thema Leasing. Bei Leasingnehmern schenkt die ESMA den im Mai 2020 veröffentlichten Änderungen an IFRS 16 zur Abbildung von Mietzugeständnissen besondere Aufmerksamkeit. Hier sollten Leasingnehmer, welche die praktischen Erleichterungen in Anspruch nehmen, auf die damit einhergehenden Angabepflichten achten. Leasinggeber, die Mietzugeständnisse gewährt haben, sollten angemessene Angaben darüber machen, wie sich die aktuelle Situation auf die Wertentwicklung der Vermögenswerte auswirkt.

Wie in den Vorjahren, hat die DPR die europäischen Prüfungsschwerpunkte um zwei Themenstellungen ergänzt: In diesem Jahr sind dies die Angaben über Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen und Personen nach IAS 24 und die Risikoberichterstattung im Konzernlagebericht unter Beachtung der Auswirkungen von Covid-19.“

DB: Die Themen weisen maßgeblich einen Bezug zur COVID-19-Pandemie auf. War diese Auswahl aus Ihrer Sicht absehbar und im Hinblick auf die besonderen Herausforderungen auch notwendig?

Bischof: „Die Auswirkungen der COIVD-19-Pandemie führten bei vielen Unternehmen zu neuen Fragestellungen im Bereich der Rechnungslegung. Daher hatte die ESMA bereits im Vorfeld zu einzelnen Fragestellungen bezüglich der Bilanzierung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie Stellungnahmen veröffentlicht, insoweit stellen die Prüfungsschwerpunkte keine Überraschung dar. Offensichtlich sehen die europäischen Enforcer eine transparente und ausreichend detaillierte Berichterstattung über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie als besonders relevant für die Abschlussadressaten an.“

DB: Macht jetzt eine gesonderte Darstellung der COVID-19-Auswirkungen in der GuV nicht Sinn?

Bischof: „Einer gesonderten Darstellung der COVID-19-Auswirkungen stehen ESMA und DPR kritisch gegenüber. Die COVID-19-Pandemie betrifft je nach Betroffenheitsgrad weite Bereiche des Abschlusses. Aus Sicht der Enforcer dürfte eine gesonderte Darstellung in der Ergebnisrechnung in der Regel nicht sachgerecht sein. Stattdessen sollten quantitative und qualitative Angaben zu den Auswirkungen im Anhang bzw. im Lagebericht erfolgen.“

DB: Eine auffällige Abweichung vom Pandemie-Bezug gibt es: Worauf ist die Schwerpunktsetzung hinsichtlich der Angaben nach IAS 24 zurückzuführen?

Bischof: „Die DPR hat die Angaben über Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen und Personen als Prüfungsschwerpunkt gewählt, da es in diesem Themengebiet – auch in der jüngeren Vergangenheit – eine hohe Anzahl an Fehlerfeststellungen und Hinweisen gab.“

DB: Das heißt, hier ist besondere Sorgfalt geboten?

Bischof: „Im Blickpunkt der DPR steht die Abgrenzung und die Identifizierung von nahestehenden Unternehmen und Personen. Ferner sollten Unternehmen darauf achten, dass neben dem Namen des Mutterunternehmens auch der Name der obersten beherrschenden Partei angegeben wird. Dies kann auch eine natürliche Person sein. Sofern Geschäftsvorfälle mit nahestehenden Unternehmen oder Personen stattgefunden haben, sind Art und Umfang der Beziehungen darzustellen und in die nach IAS 24 vorgesehenen Kategorien unterteilen. Die DPR wird außerdem auf Konsistenz zwischen den Angaben nach IAS 24 und einem etwaig erstellten Abhängigkeitsbericht sowie auf eine korrekte Wiedergabe der Schlusserklärung achten.“

DB: Bei welchen Prüfungsschwerpunkten 2021 sehen Sie Stolpersteine und wie lassen sich diese vermeiden?

Bischof: „Fehlerpotenziale bestehen insbesondere bei komplexen Sachverhalten bzw. der Anwendung komplexer Standards einerseits und im Hinblick auf eine unzureichende Berichterstattung im Anhang und Lagebericht andererseits. Entsprechend gliedert die DPR in ihrem Tätigkeitsbericht die ‚Hitliste‘ der Fehlerfeststellungen in diese Kategorien auf.

Bei der Themenstellung Wertminderung von Vermögenswerten nach IAS 36 wird sich die DPR sowohl mit der Transparenz der Anhangangaben als auch mit den Wertminderungsberechnungen selbst intensiv auseinandersetzen. Hier könnten die Vertretbarkeit der zugrunde liegenden Annahmen, die angemessene Berücksichtigung der bestehenden Unsicherheiten und die Identifizierung der zahlungsmittelgenerierenden Einheiten kritisch hinterfragt werden.

Bezüglich der Angaben über das Liquiditätsrisiko ist insbesondere auf die Konsistenz zwischen den intern vorhandenen Unterlagen und den Aussagen im Anhang zu achten. Außerdem sollten die Angaben im Anhang mit den Angaben im Lagebericht im Einklang stehen.

Allerdings beschränkt die DPR ihre Prüfung nicht auf die Prüfungsschwerpunkte. Es ist daher davon auszugehen, dass sie sich auch weiterhin Themenstellungen wie beispielsweise bedeutende Unternehmenserwerbe oder die Werthaltigkeit von aktiven latenten Steuern auf Verlustvorträge im konkreten Fall intensiver anschauen wird.

Mein Rat ist, sich auf ein DPR-Verfahren bereits bei der Aufstellung des Abschlusses vorzubereiten. Hier ist die Erstellung einer aussagefähigen Dokumentation – und zwar nicht nur für die Prüfungsschwerpunkte – im Hinblick auf die Qualitätssicherung des Abschlusses anzuraten, um auch das Risiko von Beanstandungen seitens der DPR in einem Enforcement-Verfahren zu reduzieren und einen effizienten Verfahrensablauf zu gewährleisten. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die DPR auch zu prüfen hat, ob die dem Abschluss zugrunde liegende Buchführung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht. Daher sind der DPR im Enforcementverfahren die angeforderten Unterlagen grundsätzlich in der Form zur Verfügung zu stellen, wie sie zum Zeitpunkt der Abschlusserstellung vorlagen.

Im Verfahren selbst sollte man sich auf die konkrete Beantwortung der Fragen fokussieren; bei Unklarheiten bezüglich einer Fragestellung empfiehlt sich eine Kontaktaufnahme mit dem fallverantwortlichen Prüfer der DPR.“

DB: Vielen Dank für das spannende und praxisnahe Interview!

Das Interview führte Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro.

 

Mehr zum Thema

Mehr zum Thema erfahren Sie im Fachaufsatz „DPR-Prüfungsschwerpunkte 2021“ von WP/StB Dr. Stefan Bischof / WP Dr. Robert Link / WP/StB Alexander Staß unter https://research.owlit.de/document/5a438efc-39aa-32f8-ad1b-602cdc2bed4c


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